Hannes schreibt:
Seit die 1980er Jahre „retro“ sind und somit als „cool“ gelten, die damalige Kindergeneration nun richtig Geld besitzt, Herr der Ringe das Fantasygenre endgültig massentauglich gemacht hat und mit Transformers und G.I. Joe Spielfilme auf der Basis von Spielzeugreihen große Erfolge feierten, ist wieder die Rede von einem neuen Masters of the Universe-Film. Ob und wann das passiert steht noch in den Sternen, aber im Amateurbereich ist der wiederauferstandene Hype bereits angekommen: The Wizard of Stone Mountain möchte uns zeigen, was man ohne Budget, ohne Schauspieler, ohne professionelle Technik und ohne offizielle Lizenz des Quellmaterials erreichen kann.Original und Fälschung: Maliks Magierturm
Regisseur/Autor/Produzent/Hauptdarsteller John F. Carroll nimmt sich dabei viel vor: Auf Basis von Goethes Faust soll es sein. Aber trotzdem den Ansprüchen der Fans muskelbepackter Barbaren-Plastikfiguren genügen. Interessanter Spagat. Tatsächlich liegen die Dinge aber einfacher: Unter dem gleichen Namen gab es bereits eine Folge der 80er-Jahre-Cartoonserie, die auch im Kern die gleiche Handlung hatte.
Das stellt sich konkret so dar, dass eine Gruppe Bösewichte (Tyler J. Belcik, Braden Hunt und Chris Romani) einen Dämonen (Russell Minton) heraufbeschwören. Dieser löst eine Seuche in einem Dorf aus. Dorfmagier Malik (Carroll) ist ratlos und bittet am Palast König Randors (Joseph Fotinos) um Hilfe. Dort ist man mit dem Krieg gegen die Mächte des Bösen vollauf ausgelastet, verspricht jedoch, ein paar Heiler zu schicken.
Original und Fälschung: der Oberbösewicht
Malik zieht entnervt wieder ab und geht in seiner Verzweiflung einen Pakt mit dem Dämonen ein: Er bekommt die Fähigkeit, die Seuche zu stoppen, im Austausch gegen seine Seele. Als Randors Heiler, angeführt von Teela (Bethany Harbaugh) eintreffen, ist die Sache bereits erledigt. Doch mit Teela verbindet Malik noch eine pikante Vergangenheit: Sie hatte seinerzeit seinen Heiratsantrag abgelehnt, da sie sich ganz ihrer Karriere in der königlichen Leibgarde widmen wollte. Nun verspricht der Dämon, Malik auch in dieser Sache zu helfen. Doch schließlich fordert er die vereinbarte Bezahlung ein…
Wo soll man da beurteilungstechnisch anfangen? Die Geschichte ist recht einfach gehalten, doch das passt durchaus ins Genre. Ein klassischer Plot über Verführung zum Bösen, über hehre Absichten, die einen erst zu halbseidenen Taten führen, die einen dann wiederum später wieder einholen. Die Geister, die der Zauberlehrling rief… Doch versteht Carroll es leider nicht, diesem bekannten Motiv – beispielsweise durch eine originelle Wendung – irgendeine Art von Leben einzuhauchen. Was insbesondere nötig wäre, da er immerhin eine Handlung, die ausgelegt ist, 20 Minuten zu füllen, auf gut 70 Minuten ausdehnt.
Ein Faust'sches Angebot
Womit wir beim „Fan Service“ angekommen wären. Traurig, aber wahr: Mit den „Masters of the Universe“ hat die Geschichte herzlich wenig zu tun. „Teela“ hätte ebensogut eine beliebige andere Frau sein können. Prinz Adam (Brian Bogart) und Prinzessin Adora (Emily Hampton), die Hauptpersonen jener Originalreihe, treten kurz auf, jedoch ohne auch nur die geringste Funktion in der Handlung zu erfüllen (sie treten nur auf, um aufzutreten). Bei den Bösewichtern sind es Tri-Klops, Evil-Lyn, Graf Marzo (vermutlich… namentlich bezeichnet wird er im Film nie) und Skeletor (Andrew Brett), die in der Anfangs- und Schlussszene auftreten – doch warum überhaupt? Der eigentliche Bösewicht dieses Films ist dieser namenlose und austauschbare Dämon.
Kostüm- und Kulissen-GAU
Ansonsten gibt es ein paar einigermaßen überzeugende Kulissen, oft muss wie üblich ein Wald herhalten, ein paar halbwegs unpassende (Stand-) Archivbilder, die die Handlungsorte in der Totalen darstellen sollen, sowie ein paar klar als solche erkennbare Bluescreen-Versuche. Wiederum muss man sagen: Bemühen erkennbar, Erfolg gemischt. Große Schauspielkunst bekommt man natürlich nicht zu sehen, aber das Ausmaß ist voll akzeptabel.
Adam (erkennbare Weste) und Teela (erkennbares Bemühen)
Die viel größere Verfehlung ist jedoch die wenig mitreißende Geschichte. Die Charaktere, die Masters-Fans am Herzen liegen, kommen zeitlich kaum und funktional überhaupt nicht vor. Anscheinend soll man auf einen zweiten Teil vertröstet werden. Sogar zur Trilogie soll die Reihe anwachsen. Abgesehen von dem extrem hohen Risiko, das damit verbunden ist (Kommen genau diese Darsteller überhaupt ein zweites Mal zusammen? Interessiert es noch Jemanden, wenn der erste Teil eher durchwachsen war?), relativiert das doch einiges.
Akzeptable Lichteffekte, ein etwas schwachbrüstiger Tri-Klops, aber vor allem kein Bezug zur Handlung!
Diese Zwiebelstruktur entbindet auch nicht von der Pflicht, diese dem konkreten Film zugrundeliegende Geschichte interessant zu machen und nicht endlos mit anderen Karotten aus der Ferne zu winken. Da findet irgendwo ein Krieg statt, von dem man weder Kampfszenen, noch irgendwelche Auswirkungen auf das Leben der Bevölkerung oder am Hof des Königs sieht. Und was soll Skeletor, der immerhin angeblich Hauptantagonist in jenem auf Makroebene geführten Krieg ist, bitte überhaupt davon haben, ein paar Menschen in einem abgelegenen Dorf an einer Seuche sterben zu lassen und einen drittklassigen Magier zu diskreditieren? Kurz gefragt: Was soll das Ganze?
Doch vielleicht konsumieren die wirklichen Fans auch wirklich alles, wo der Name ihres verehrten Stoffes draufsteht. Falls es also wirklich zu weiteren Teilen kommen sollte, zwei Bitten: Erstens nochmal ein Studium grundlegender Erzähltechniken. Die Benennung und funktionale Ausrichtung der Charaktere sowie die Sinngebung der Handlungsstränge sind dabei die wichtigsten Aspekte – soll heißen: Bitte keine Charaktere mehr einführen oder von Dingen berichten, die keinen Zweck erfüllen für die eigentliche Handlung. Zweitens die Sicherstellung durchgängiger Produktionsqualität – ob nun durch Angleichung nach oben oder unten, aber auf keinen Fall darf es mehr so viele verzerrte Bilder geben.
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